Der Entdecker und Begründer der Osteopathie, der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still, wurde als drittältestes von neun Kindern am 6. August 1828 in Jonesville, Virginia, USA, geboren. Sein Vater, Abram Still, war Siedler und Methodistenprediger und betätigte sich auch als Arzt. Bei ihm lernte und praktizierte Andrew ab 1849 Medizin. Er half seinem Vater bei der medizinischen Betreuung der Shawnee Indianer. Die praktische Erfahrung ergänzte er durch das Lesen medizinischer Bücher. Während des amerikanischen Bürgerkrieges von 1861 – 65, der Konfrontation zwischen Gegnern und Befürwortern der Sklaverei, befehligte Andrew Still, der die Sklaverei strikte ablehnte, als Major die 21. Miliz von Kansas. Zeitweise war er auch noch als Chirurg tätig. Unmittelbar nach dem Bürgerkrieg besuchte er an der Kansas City School for Physicians and Surgery einen Kurs mit medizinischen Vorlesungen.
Mehr und mehr stand Still der damaligen medizinischen Therapie kritisch gegenüber. Das wichtigste Heilmittel im Kampf gegen Infektionskrankheiten, das Penicillin, war damals noch nicht entdeckt. Krankheiten wie Malaria, Masern, Typhus, Pocken, Tuberkulose und Lungenentzündung forderten bei Epidemien hunderte und tausende von Opfern. Die Ärzte waren hilflos und konnten mit ihren Rezepten nicht helfen. Auch Still war Augenzeuge solcher Tragödien. Als im Februar 1864 drei seiner Kinder während einer Epidemie starben, war er total frustriert. Von der Ineffizienz der damaligen Schulmedizin überzeugt, beschloss er, eine bessere Medizin und bessere Heilmethoden zu suchen.
Still las jedes verfügbare Buch über Anatomie und begann ab 1874 den menschlichen Körper intensiv zu studieren. Er besuchte Indianergräber, aus welchen er Knochen und Skelette mit nach Hause nahm. Zuhause experimentierte er damit, fertigte anatomische Karten an und lernte so den Platz und die Funktion jedes einzelnen Knochens im menschlichen Körper kennen. Er fing an, nach den Ursachen der Krankheiten zu suchen und entdeckte als erster einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehlstellungen im Knochensystem, besonders an der Wirbelsäule, und gewissen Leiden. Auch entdeckte er, dass der Körper über selbstheilende Kräfte verfügt, die, wenn sie entsprechend stimuliert werden, körperliche und funktionelle Störungen heilen können. Ihn faszinierte, dass er diese Stimulation durch den sanften heilen können. Ihn faszinierte es, dass er diese Stimulation durch den sanften Druck seiner Hände auslösen konnte. Still entwickelte ein mechanisches Verständnis des Körpers, bei dem alles in Bewegung ist und miteinander zusammenhängt.
So entsteht 1883 die Osteopathie als eine neue Form der Heilkunde, die ganz auf Medikamente verzichtet. Eine Medizin, die keine Symptome behandelt, sondern nach den Ursachen von Krankheiten sucht. Eine Medizin, die nicht Krankheiten heilt, sondern dem Körper hilft, sich selber zu heilen.
Am 1. November 1892, im Alter von 64 Jahren, eröffnete Dr. Still seine Amerikanische Schule für Osteopathie (ASO) in Kirksville. Der erste Kurs wurde von elf Studenten besucht, fünf davon waren Stills Kinder. Der zweite Kurs startete 1894 mit schon 30 Studenten.
1894 liess Still ein eigenes Krankenhaus bauen, das bereits im Januar 1895 vollendet und bezugsbereit war. Allein in diesem Jahr wurden darin dreissigtausend osteopathische Behandlungen durchgeführt. Still starb am 12. Dezember 1917.
Im Verlauf der Jahrzehnte haben sich die Methoden der Osteopathie rasant weiterentwickelt und sich den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Stills grundlegender Ansatz der Osteopathie hat jedoch bis heute seine Gültigkeit und Berechtigung bewahrt: